´S pressiert !
Recht eilig hat es unsere kleine Waldkönigin, die Waldhyazinthe. Noch bevor die weißen Waldvöglein (und die sind bei uns die ersten) ihre Triebe aus dem Boden schieben, beeilt sie sich dieses Jahr, ihrem Ruf als Orchidee des Jahres 2011 gerecht zu werden. Und da darf es schon mal ein bisschen pressieren. In normalen Jahren etwa 3 Wochen später, zeigten sich heuer ihre Triebe schon Ende März. Aber was ist schon ein „normales Jahr“, zumal nach solch einem Winter! Zwar verbergen sich die Austriebe meist noch zwischen dürren Buchenblättern und sind nur auffindbar durch die trockenen Fruchtähren des Vorjahres, doch Platanthera bifolia lässt keinen Zweifel aufkommen, wer dieses Jahr im Reich der Orchideen das Sagen hat.
Platanthera bifolia, so der botanische Name der weißen Waldhyazinthe, zählt in der Familie der Orchideen (Orchidaceae) zur der Unterfamilie, der die Orchis-artigen angehören. Sie ist also eine ganz nahe Verwandte des Knabenkrautes (Orchis), welches der ganzen großen Familie ihren Namen gegeben hat. Ihr jährlicher Spross wächst aus unterirdischen Knollen. Während die meisten anderen bei uns auftretenden Orchideen als verborgene Speicher nestartige Wurzelgeflechte besitzen und damit einer anderen Unterfamilie angehören.
Der botanische Name setzt sich aus einem griechischen Namen und einem lateinischen Beinamen zusammen. „Platanthera“ von griechisch platys = breit und anthera = Staubbeutel bezieht sich vor allem auf ihre Schwester Platanthera chlorantha; lateinisch bifolia = zweiblättrig wegen der beiden großen grundständigen Blätter. Den deutschen Namen „Waldhyazinthe“ hat sie wegen ihres Blütenduftes bekommen. Abends, wenn Nachtfalter ausschwärmen, verströmen die Blüten einen Duft, der an den von Hyazinthen und Maiglöckchen erinnert. Dieser Duft geht vom Nektar aus, der sich in einem langen Sporn an der Rückseite der Blüte befindet. Der Sporn ist so eng und lang, dass nur Falter mit entsprechenden Rüsseln an diese süße Quelle gelangen können.
Das äußere Erscheinungsbild der weißen Waldhyazinthe ist neben den beiden grundständigen Blättern von einem bis zu 50 cm hohen Blütenstängel mit bis zu 50 mehr oder weniger locker verteilten Blüten, geprägt. Die Blüten selbst zeigen sich in reinem Weiß, zu den Blattspitzen hin in ein schwaches Grün übergehend. Weitere auffallende Merkmale ist die Blütenlippe (Labellum) und der schon oben erwähnte lange Sporn, welcher mit bis zu 32 mm Länge für Orchideen unserer Breiten schon rekordverdächtige Maße aufweist. Geht die Blütezeit (Mitte Mai bis Ende Juni) zu Ende, bilden sich aus den Blütenstielen Fruchtkapseln, die dann eng am Stängel anliegend meist erst im nächsten Jahr die mikroskopisch feinen Samen freigeben.
Ulrich Kipp
Grüne Waldhyazinthe
Platanthera chlorantha
Platanthera chlorantha
Kaum zu unterscheiden von ihrer weißen Schwester ist die Grüne oder Grünliche Waldhyazinthe. Das Unter-scheidungsmerkmal liegt bei den Antherenfächern der Blüten. Sie sind bei der Grünen Waldhyazinthe trapezförmig angeordnet und stehen weit auseinander, während sie bei ihrer weißen Schwester parallel und enger angeordnet sind. Diese Art haben wir bei uns in Jettingen nur an einer Stelle gefunden.